Brennen

Mal raus – durchlüften!

Es lag Stress in der Luft, die letzten zwei Wochen.  Viele, die ich gut kenne, waren richtig dünnhäutig. Schnell überfordert die einen, bissig oder aggressiv andere. Oder auch: müde und in den Seilen hängend. Ich glaub, ich war sogar alles gleichzeitig. Jetzt liegt Himmelfahrt hinter uns und Pfingsten vor uns. Ich war schon mal kurz weg. Konnte am Lagerfeuer sitzen. Eine Verwandte hat sich das Rad geschnappt und schickt Fotos aus wechselnder Landschaft.  … Endlich mal wieder raus, denke ich. Durchgelüftet wiederkommen. Mir hat das Herz und Kopf wieder etwas klarer gemacht. 

Pfingsten, als christliches Fest, erzählt wie die Jünger sehr lange eingesperrt „aufeinander“ hockten, in Jerusalem. Nach dem Tod von Jesus. Sie konnten nicht raus. Damals war es nicht Corona, aber auf eine Weise war es auch „social distancing“: Hätte man gemerkt, dass sie zu der Bewegung um Jesus gehörten, das hätte gefährlich für sie werden können. 

50 Tage nach dem Verlust ihres Jesus-Weggefährten, Meisters, Freundes, passiert etwas. Die Erzählungen reden von Kraft, neuem Mut, Hoffnung, Erkenntnis. Von einer Kraft, die verbindet, so dass man einander wieder besser versteht. Plötzlich verstehen sich auch Leute, zwischen denen vorher nur Fremdheit war. 

Und sie merken wieder, wofür sie brennen.

Dann fangen sie alle an, wieder raus zu gehen. Sie haben wieder Zugang zu der Hoffnung, die sie für ihr Leben gefunden haben. Sie haben auch Worte dafür. 

In Christen-Sprache sage ich dazu: „Gott ins uns“ und „Heilige Geistkraft“. An Hoffnung, die einen Funken entzündet, denke ich und an Erkenntnismomente, in denen ich plötzlich ein Thema oder das Anliegen eines anderen Menschen verstehe, einwilligen kann. An Freude anderer denke ich, die überspringt auf mich. Ich denke daran, dass ich dann oft plötzlich merke, wie ich entspanne oder lustvoll mitmache.

Pfingsten erinnert mich daran, dass Gott drinnen ist – in uns und uns nahe kommt – auch, wenn wir drinnen bleiben. Drinnen in Wohnungen, Altenheimen, wo auch immer, das finde ich ein gutes Versprechen.

Bald kommen die Pfingsttage.  Ich bin gespannt. Wahrscheinlich können viele mal „durchlüften“. Nicht nur die Wohnung wegen Aerosolen. Auch sich selber. Ich bin gespannt. Hoffe, dass viele wieder merken, wofür sie brennen.

Frauke Niejahr

Bild von Free-Photos auf Pixabay

Hinterlasse einen Kommentar